Katzen in der Physiotherapie

Meine Leistungen für deine Katze

Selbstverständlich lassen sich nicht alle Therapiemöglichkeiten eines Hundes  an Katzen ausschöpfen. Es besteht überdies ein Unterschied, ob eine Katze gesund und fit ist - diese stände selbst zu Demonstrationszwecken Anwendungen eher wenig kooperativ gegenüber. Meine Katzenpatienten mit Beschwerden, Schmerzen und Verletzungen spüren hingegen die ihnen entgegengebrachte Hilfe. In der Regel sind spätestens beim zweiten Termin die Katzen so ruhig und zugänglich, dass ich mit ihnen insbesondere manuell und osteopathisch gut arbeiten und auch Lasertherapie, Laserpunktur oder Elektrotherapie anwenden kann. 

Die nachstehenden Fallberichte geben einen Teil der Therapiemöglichkeiten wieder. 

Fallschilderung
Silva - 2-jährige Katze mit Radialislähmung

Im Sommer 2017 wurde die 2-jährige Freigänger-Katze Silva bei einem Autounfall schwer verletzt. Zum Glück hatte sie zwei menschliche Schutzengel, die sie im Straßengraben fanden und umgehend zu einer Tierarztpraxis brachten. Der behandelnde Tierarzt diagnostizierte bei Silva einen Bruch des Ober- und Unterkiefers, eine tiefgehende Risswunde an der rechten Vorderextremität, eine Radialislähmung der linken Vorderextremität infolge der traumatischen Einwirkung und zahlreiche Prellungen und Hämatome. 
 

Silva´s Kiefer wurde operativ gerichtet und zunächst mit Drähten fixiert, die Risswunde wurde genäht, außerdem wurde sie medikamentös versorgt. Wegen der gelähmten linken Vorderextremität wandte der Tierhalter sich an mich.

 

Die physiotherapeutische Befunderhebung

Bei der physiotherapeutischen Befundung 2,5 Wochen nach dem Autounfall zeigten sich mir folgende Symptome:

  • komplette Entlastung der linken Vorderxtremität
  • einknicken der Pfote ab dem linken Carpalgelenk (Vorderfußwurzelgelenk)
  • überköten = Auffußen mit dem Fußrücken bzw. seitliches Auffußen mit der Pfote
  • springt mit beiden Hinterextremitäten ab und setzt nur mit rechter Vorderextremität auf
  • linkes Carpalgelenk liegt im Liegen unkontrolliert und eingeknickt,
  • hochgradig verzögerter Flexorreflex
  • mittelgradige Muskelatrophie der Strecker und Beuger der linken Vorderextremität
  • bei der Palpation (Abtasten) schmerzempfindlich im Bereich caudale Brustwirbelsäule – Lendenwirbelsäule – Kreuzdarmbeingelenk (SIG)
  • Der Tierhalter berichtet, dass Silva beim Scharren in der Katzentoilette die linke Vorderextremität im Schultergelenk bewegt, ebenso beim Greifen nach Leckerlis = positive Zeichen!

Die physiotherapeutische Diagnose lautet aufgrund der tierärztlichen Untersuchung und meiner Befunderhebung: Plexus-brachialis-Läsion (Abriss des caudalen Anteils) mit Lähmung des Nervus radialis.

Video von Silva bei der Befundaufnahme

Exkurs Plexus-brachialis-Läsion / Radialislähmung (Radialisparese)

Der Plexus brachialis ist ein Nervengeflecht des Armes. Die Nerven innervieren Muskeln, die für die Bewegung der Vorderextremitäten zuständig sind.
Bei einem vollständigen Riss des Plexus brachialis kommt es zu einer kompletten Lähmung der Vorderextremität. Bei einem Abriss des caudalen Anteils des Plexus brachialis kann die betroffene Vorderextremität nicht mehr belastet werden.

Ein dem Plexus brachialis entspringender Nerv ist der Nervus radialis. Sein Nervenzentrum liegt zwischen dem 6. Halswirbel (C6) und dem 2. Brustwirbel (Th2).

Durch einen traumatischen Einfluss – wie z. B. einem Autounfall mit frontaler Verletzung – kann der Nervus radialis beschädigt werden.

Ein für die Streckung des Carpalgelenks und der Zehen wichtiger Muskel, der Musculus triceps brachii, fällt durch den verletzten Nervus radialis aus.

Symptomatik

  • Ab dem Vorderfußwurzelgelenk ist die Vorderextremität schlaff gelähmt.
  • Bei jedem Versuch, aufzufußen, überkötet die Katze ihr Pfötchen.
  • Das Schulter- und Ellenbogengelenk befinden sich in dauernd gebeugter Haltung. Dies hat eine Kontraktion (Verkürzung) der Beugemuskeln und eine Atrophie (Rückbildung) der Streck- und Beugemuskeln zur Folge.
  • Je nach Schweregrad der Verletzung zeigen sich entsprechende Reaktionen auf neurologische Reflextests. So ist z. B. der Flexorreflex im Bereich der Vorderpfote gering- bis hochgradig verzögert bzw. liegt ein vollständiger Ausfall vor.

Zur Diagnose wird eine Anamnese und neurologische Untersuchung durchgeführt; weitere Möglichkeiten sind Computertomographie (CT), Myelographie (Röntgen mittels Kontrastmittel) und Magnetresonanztomographie (MRT).

Die Prognose richtet sich nach dem Schweregrad der Nervenschädigung und dem Beginn mit physiotherapeutischen Maßnahmen. Für eine weitgehend vollständige Wiedererlangung der Bewegungsfähigkeit ist ein frühzeitiger Start mit Physiotherapie sehr wichtig. Doch auch bei einem bereits länger zurückliegenden Trauma (mehr als 3 bis 6 Monate) ist nicht die Amputation der betroffenen Extremität das Maß aller Dinge. Auch in solchen Fällen kann mit Physiotherapie noch eine Verbesserung des Beschwerdebildes erzielt werden.

Denn trotz der Schwere der Verletzung - die gute Nachricht ist: Nervenzellen können regenerieren.

Die physiotherapeutische Behandlung

Der physiotherapeutische Behandlungsplan für Silva sah nun wie folgt aus:

Silva wurde von mir drei Mal wöchentlich physiotherapeutisch behandelt.

Parallel dazu erhielt der Tierhalter ein Trainingsprogramm für zuhause, welches täglich durchgeführt werden sollte.

In meiner Praxis behandelte ich Silva mit Massagen (manuelle Massage, Bürsten- und Igelballmassge), weiterhin wendete ich passive Bewegungen aller Gelenke der linken Vorderextremität in Flexion und Extension (Beugung und Streckung) und in Form von Dehnungen an. Außerdem führte ich eine spezielle Behandlung nach neurophysiologischen Aspekten durch.

Neben den manuellen Behandlungen kamen mit dem AmpliVet synchro® und dem Novafon® auch Geräte zum Einsatz. Das AmpliVet synchro® arbeitet mit moduliertem Mittelfrequenzstrom und kann Nervenfasern, Muskelfasern und Bindegewebe regenerieren. Das Schallwellengerät Novafon® kann Schmerzen reduzieren und sensomotorische Störungen positiv beeinflussen.

Ganz wichtig war, dass Silva aktiv ihre linke Vorderextremität in alle physiologisch möglichen Richtungen bewegt. Der Tierhalter erhielt von mir Anleitungen, Silva zu motivieren, im Schritttempo über Hürden zu gehen und mit der linken Vorderextremität nach Leckerlis zu pföteln und zu greifen. Außerdem setzten wir Clickertraining ein mit dem Ziel, dass Silva insbesondere ihre linke Vorderextremität immer wieder streckt und beugt und mit ihr auffußt.

Silva beim aktiven Bewegungstraining

Der physiotherapeutische Verlauf

Vorab sei gesagt, dass Silva sich die Behandlungen sehr gut gefallen ließ. Die passive Bewegungstherapie machte sie ganz lieb mit, bei der Elektrotherapie schlummerte sie oft ein und auch die Schallwellentherapie genoss sie. Die aktive Bewegungstherapie, die der Tierhalter täglich bei sich zuhause mit Silva durchführte, machte ihr richtig Spaß. Der Tierhalter und ich waren uns sicher: Silva spürt, was ihr gut tut und dass wir ihr helfen wollen.
 

Parallel zur Physiotherapie wurde Silva regelmäßig dem Tierarzt vorgestellt. Ihr Kieferbruch verheilte gut, so dass die Drähte im Kiefer bald gezogen werden konnten. Auch die Risswunde an der rechten Vorderextremität war gut verheilt und die Medikation konnte eingestellt werden.

Nach 3,5 Wochen Physiotherapie bekam ich vom Tierhalter die Nachricht „Silva hat soeben erste vorsichtige Schritte auf dem linken Fuß gemacht.“ Eine wunderbare Nachricht, die mir zeigte: Wir sind auf dem richtigen Weg und Silva hat eine gute Prognose, ihre linke Vorderextremität bald wieder vollständig bewegen und belasten zu können.

Einen Tag nach diesen ersten vorsichtigen Schritten passierte Folgendes: Silva warf sich ganz plötzlich auf den Boden auf ihren Rücken, fauchte und schrie ganz fürchterlich und zuckte am ganzen Körper, insbesondere mit der linken Vorderextremität. Dieser „Anfall“ dauerte etwa 30 Sekunden. Bei der nächsten Visite war Silvas linkes Ellenbogengelenk auffallend berührungsempfindlich, passives Bewegen durchzuführen war nicht möglich. Silva bekam aufgrund des „Anfalls“ und der Schmerzen im Bereich des Ellenbogengelenks von mir zwei homöopathische Mittel verordnet. Mit dem AmpliVet® führte ich ein spezielles Schmerzprogramm durch.

Drei Tage später konnten wir beobachten, wie Silva nun immer häufiger kurzzeitig und teilweise komplett mit ihrer linken Vorderextremität auftrat. Der Flexorreflex war inzwischen nur noch geringgradig verzögert.

Der Tierhalter und ich therapierten Silva regelmäßig weiter wie gehabt.

5 Wochen nach Beginn der Physiotherapie

Silva wieder auf Freigang ... :-)

Rund zwei Wochen später war Silva so weit, nun bei jedem (!) Schritt mit der linken Vorderextremität auffußen zu können. Einzig im Sitzen vor ihrem Futternapf hob sie die linke Vorderextremität noch an; wir nahmen an, dass Silva sich die gebeugte Haltung des linken Vorderlaufs angewöhnt hatte. Doch am Abend nach dieser Physiotherapieeinheit überraschte Silva uns erneut: Der Tierhalter teilte mir mit, dass Silva abends „zum ersten Mal auf allen Vieren stehend gefressen hat.“

Am folgenden Wochenende stand ein bedeutendes Ereignis bevor: Silva sollte zum ersten Mal nach ihrem Autounfall wieder ins Freie dürfen – in ihren geliebten Garten und die angrenzenden Felder. Und – es ging alles gut; anfangs war Silva noch etwas scheu, aber dann verschwand sie schnell hinter den Sträuchern. Von nun an durfte Silva wieder jeden Tag nach draußen und sie dankte es ihrem Herrchen, indem sie fleißig eine Maus nach der anderen zu Hause ablieferte.

Der erste Freigang, 2,5 Monate nach dem schweren Autounfall 

Danksagung

Ich danke Silva´s Herrchen und Silva von ganzem Herzen für ihr Vertrauen in mich und meine Therapien, ebenso für ihre unermüdliche Geduld und Motivation, immer daran zu glauben, dass Silva sich eines Tages wieder ganz normal bewegen kann. Ganz besonders danke ich der Dame, bei der Silva in Pflege war, bevor sie zu ihrem Herrchen kam. Diese Dame wusste von der Möglichkeit der physiotherapeutischen Behandlung und hat den Kontakt zwischen Silvas Herrchen und mir vermittelt; daher gebührt auch ihr ein bedeutsamer Anteil an Silvas Genesung.

Mein Wunsch ist, dass diese Fallschilderung auch anderen Katzen, und natürlich ebenso Hunden, mit einer Plexus-brachialis-Läsion bzw. Radialislähmung, helfen wird. Die Physiotherapie kann bei dieser neurologischen Erkrankung wertvolle Hilfe leisten. Wichtig ist: Tierhalter und Tierärzte wissen um diese Möglichkeit, und die Physiotherapie beginnt zeitnah nach dem Trauma. 

Fallschilderung
Nola - ein Katzenbaby mit Schwimmer-Syndrom (Flat Puppy Syndrome)

Im Herbst 2017 kam eine Tierhalterin mit einem 4 Wochen jungen British Kurzhaar Katzenbaby in meine Praxis. Die kleine Nola war eines von drei Geschwistern, zwei waren leider kurz nach der Geburt gestorben. Nola´s Entwicklung war zunächst scheinbar normal. Doch in der 2. bis 3. Lebenswoche erkannte die Tierhalterin, dass Nola offensichtlich Probleme im Bewegungsapparat hat.

Obwohl die Bewegungen in den ersten Lebenswochen noch ungeschickt erscheinen, können Katzenbabys sich ab etwa dem 17. Lebenstag auf allen Vieren fortbewegen und ab dem 25. Tag, also zwischen der 3. und 4., Woche richtig laufen.

Nicht so Nola. 

Die physiotherapeutische Befunderhebung

Mit ihren Vorderextremitäten stand Nola aufrecht, doch dies funktionierte nicht mit ihren Hinterextremitäten. Sie befanden sich in einer Froschhaltung, also nach hinten ausgestreckt. Nola versuchte immer wieder, ihre Hinterextremitäten zum Körper in Richtung Bauch zu ziehen, doch sie rutschte bei jedem Versuch nach hinten weg.

Bei der Befunderhebung stellte ich fest, dass ihre Reflexe in Ordnung waren. Der Flexorreflex, der Stellreflex und die Sensibilität der Hinterextremitäten und der Kopfnerven waren ohne Befund. Vom Verhalten her war Nola geistig wach und aufmerksam, sie krabbelte umher, putzte sich, fuhr die Krallen aus und konnte schon fauchen „wie eine Große“. Die Tierhalterin berichtete außerdem, dass Nola sich beim Schlafen von selbst auf die Seite legt.

Nach dem Bericht der Tierhalterin gegenüber dem Tierarzt wurde keine weiterführende Untersuchung bei Nola durchgeführt, es gab somit keine tierärztliche Diagnose. Befunderhebung und Symptomatik sprachen für ein Syndrom:

Schwimmer-Syndrom, auch Flat Puppy Syndrome genannt. 

Symptomatik des Flat Puppy Syndrome

Exkurs Schwimmer-Syndrom (Flat Puppy Syndrome)

Das Schwimmer-Syndrom ist eine Symptomatik, die bei Hundewelpen und Katzenbabys im Alter von 10 bis 16 Tagen auftreten kann. Eine genaue Ursache ist nicht bekannt, vermutet werden laut Tierärzten und Fachliteratur eine genetisch bedingte Entwicklungsstörung der Nervenfunktion, aber auch eine ungünstige Haltung auf rutschigem Boden und eine zu schnelle Gewichtszunahme. Alle Hunde- und Katzenrassen können vom Schwimmer-Syndrom betroffen sein, vermehrt jedoch kurznasige (sogenannte brachizephale) Hunderassen wie Boxer, kleine Hunde wie der Dackel, Hunde mit kurzen Beinen und breitem Brustkorb wie die Englische Bulldogge, aber auch Irish Setter, Cocker Spaniel, Berner Sennenhund und bei Katzen z. B. die British Kurzhaar.


Symptomatik

Wenn die betroffenen Welpen und Kitten mit dem Laufen beginnen, kommen sie – im wahrsten Sinne des Wortes – nicht auf die Beine. Sie sind nicht in der Lage, ihre Extremitäten aufzustellen und sich gehend fortzubewegen. Beim Versuch sich aufzustellen, rudern sie im Liegen mit den Extremitäten herum und rutschen immer wieder nach hinten weg und liegen wie ein Frosch mit abgespreizten Gliedmaßen flach auf Bauch („flat puppy“).

Es können sowohl nur die Vorderextremitäten als auch nur die Hinterextremitäten und auch alle vier Extremitäten betroffen sein.

Wird nichts unternommen, deformiert durch die andauernde Bauchlage der Brustkorb, an den Hinterextremitäten luxiert aufgrund der abgespreizten Haltung die Kniescheibe (Patella) aus ihrer Furche und es kommt zu einer Deformierung aller Gelenke. Als weitere Folge können Atemprobleme und eine bronchiale Lungenentzündung auftreten. 

Die physiotherapeutische Behandlung und unterstützende Maßnahmen

Ein frühzeitiges Erkennen der Symptomatik ist sehr wichtig. Rasch eingeleitete physiotherapeutische Maßnahmen können vielversprechend sein für eine vollständige Heilung ohne bleibende Schäden. Etwaige Möglichkeiten physiotherapeutischer Behandlungen sind:  

  • Massage:

tonisierende Massage an den betroffenen Extremitäten mehrmals täglich

detonisierende Massage der gesunden, überlasteten Muskelpartien

  • Passives Bewegungstraining:

Bewegung der Gelenke der betroffenen Extremitäten mehrmals täglich in Flexion und Extension

Dehnung der Muskulatur der Vorder- und Hinterextremitäten mehrmals täglich

  • Aktives Bewegungstraining:

Unterstütztes Gehen: das Tierbaby immer wieder auf die Beine stellen und mit den Händen unterstützte Fortbewegung der betroffenen Extremitäten in physiologische Richtung

Hürdentraining: Hindernisse aus zum Beispiel aufgerollten Handtüchern im Abstand von 1,5 Tierlängen auf den Boden legen und das Tierbaby motivieren, über diese Hindernisse zu steigen

  • Training im Unterwasserlaufband:

Gehgestütztes Laufen im Unterwasserlaufband - je nach Akzeptanz mit oder ohne Wasser - zum Trainieren der Gelenkbeweglichkeit und zum Muskelaufbau

Darüber hinaus ist für einen rutschfesten Untergrund und bei übergewichtigen Tierbabys für eine vorsichtige Gewichtsreduktion zu sorgen. Schlafen die Babys auf dem Bauch, ist eine Lagerung in Seitenlage zur Entlastung des Brustkorbs wichtig.

Vitamin B, E und Selen können zur Aktivierung des Muskelstoffwechsels gegeben werden. Begleitend zur Physiotherapie kann ein homöopathisches Mittel die Entwicklung positiv mit beeinflussen.

Nola´s Therapien

Im Anschluss an die Befunderhebung bekam Nola von mir Massage sowie passives und aktives Bewegungstraining. Da die Tierhalterin eine 40-minütige Anfahrt zu meiner Praxis hatte und ihr mit Nola und deren Katzenmutter nicht tagtäglich die lange Fahrtzeit zugemutet werden konnte, gab ich der Tierhalterin genaue Anleitungen, wie sie Nola zuhause täglich weiterbehandeln sollte. Das Heimtraining bestand aus 4-5x täglich Massagen, passivem Bewegungstraining und aktivem, gehgestützten Training. 

Darüber hinaus verordnete ich ein homöopathisches Mittel für Nola, welches ich nach den Regeln der klassischen Homöopathie ausgewertet hatte.

 

Wie ging es weiter?

Acht Tage nach der Befunderhebung – Nola war inzwischen 5 Wochen alt – bekam ich von der Tierhalterin eine erste Rückmeldung nebst Video. Sie teilte mir mit, dass Nola agiler geworden ist und durch das tägliche Trainingsprogramm zeitweise beide Hinterextremitäten sowohl im Stehen als auch im Sitzen in normaler Haltung positioniert und immer wieder versucht, aufzustehen.

Wir verblieben so, dass die Tierhalterin weiterhin täglich mit Nola trainiert und ihr das homöopathische Mittel vorerst wie bisher täglich verabreicht. 

Nola nach 1-wöchigem Trainingsgrogramm

Nola macht weiter Fortschritte

Nach einer weiteren Woche teilte die Tierhalterin mir mit, dass sich die kleine Nola, nun 6 Wochen alt, „super macht“ und sie diese Entwicklung nicht für möglich gehalten hätte.

Es verging ein Monat bis zur nächsten Rückmeldung - eine durchweg positive! Die Tierhalterin berichtete, dass es der nun fast 3 Monate alten Nola "sehr gut" geht und sie "alles nachholt, was sie in den ersten Wochen verpasst hat" und "man ihr nichts mehr anmerkt. Sie läuft auf dem Laminat, geht Treppen und springt durch die Gegend". Ein Video veranschaulichte diese positive Entwicklung. 

Nola hat ein physiologisches Gangbild entwickelt :-)

Danksagung

Ich bin Nola´s Frauchen sehr dankbar, dass sie ihrem Gefühl vertraut hat und Nola´s Steh- und Gehversuche im Alter von 2 - 3 Wocen nicht als "normalen" Entwicklungsstand angesehen hat, "der sich noch legt". 

Das Schwimmer-Syndrom ist eine ernstzunehmende Symptomatik.

Das Beschwerdebild weist ganz spezifische Symptome auf, die es zu erkennen und frühzeitig physiotherapeutisch zu behandeln gilt - damit die Tierbabys ein ganz normales aktives Leben führen können.

Fallschilderung
Maxi - 1-jähriger Kater mit Femur- und Tibiafraktur und Hüftgelenksluxation

Ende Mai 2019 wurde mir der einjährige schwarz-weisse Kater Maxi vorgestellt. Maxi ist ein kastrierter Freigänger-Kater und lebt in einer kleinen Katzengruppe in ländlicher Umgebung. Gut eine Woche vor der Vorstellung fand die Tierhalterin ihn draußen auf – er bewegte sich nur noch schleppend und legte sich schnell wieder hin. Bei der umgehenden Vorstellung bei der Tierärztin wurde mittels Röntgendiagnostik eine Hüftgelenksluxation (Ausrenkung des Oberschenkelkopfes aus der Hüftgelenkpfanne) rechts, eine Femurfraktur (Bruch des Oberschenkels) und Tibiafraktur (Bruch des Schienbeins) links festgestellt.

Als Ursache wurde ein Trauma durch einen Unfall vermutet. Maxi wurde zunächst eine ungünstige Prognose in den Raum gestellt. Doch nach eingehender Besprechung mehrerer Tierärzte wurde beschlossen, ihm nicht zuletzt aufgrund seines jungen Alters und seiner guten Kondition eine Chance zu geben. Am 21. Mai wurde er in der Tierklinik operiert. Bei dem luxierten Hüftgelenk wurde eine Femurkopfresektion (Entfernung des Oberschenkelkopfes) vorgenommen, da eine hochgradige Luxation und mehrere Sehnenabrisse vorlagen. Der frakturierte Oberschenkel wurde mittels eines Pins (ähnlich einem Nagel) gerichtet, der Bruch des Schienbeins mit einem Fixateur Externe (ein außerhalb des Körpers angebrachtes Gerüst) stabilisiert.

Bei der Entlassung wurde Maxi medikamentell versorgt, für zuhause bekam er Boxenruhe für vorerst zwei Wochen verordnet und musste einen Halskragen tragen, jeden zweiten Tag sollte er dem Haustierarzt zum Verbandswechsel am Fixateur Externe vorgestellt werden und er sollte intensive Physiotherapie erhalten. So kam Maxi zu mir.

Bei der physiotherapeutischen Befundaufnahme war Maxi die schwere OP noch anzumerken. Seine Hinterextremitäten konnte er beidseits nur geringradig und kurzzeitig belasten, auch hatte er noch wenig Appetit. Ich nahm behutsam Kontakt auf, untersuchte Gelenkbewegungsausmaße und Reflexe und führte vorsichtig eine erste Massage und Narbenmassage durch. Zur Wund- und Frakturheilung verordnete ich ihm unterstützend zwei homöopathische Mittel.

Zwei Tage später, Maxi kam direkt vom tierärztlichen Verbandswechsel zu mir, ging es ihm schon ein wenig besser, auch sein Appetit war zurückgekehrt.

Neben Massagen konnte ich diesmal mit dem AmpliVet die modulierte Mittelfrequenz-Elektrotherapie (MET) am linken Ober- und Unterschenkel und im rechten Hüftgelenkbereich starten.

Exkurs zum AmpliVet® 
Modulierte Mittelfrequenz-Elektrotherapie (MET)

Maxi post-OP und die Fortschritte unter der Physiotherapie

Von Beginn an ein vielversprechender Verlauf

Mitte Juni berichtete die Tierhalterin erstmals, dass Maxi mittlerweile auf allen vier Pfötchen geht und die beiden Hinterextremitäten gut belastet.

In einem Behandlungstermin Mitte Juli berichtete die Tierhalterin, dass sie Maxi zuhause mit inzwischen drei Räumen einen größeren Bewegungsradius ermöglicht hat. Er versuchte auch schon auf einen Sessel zu hüpfen, von dem aus er ein Aquarium betrachten könne.

Um ihm als Freigänger-Kater weitere Abwechslung zu bieten, funktionierten die Tierhalter ein ehemaliges Kaninchengehege in einen sicheren großen Käfig um, in dem Maxi an jedem schönen Sommerwettertag in den Garten verbracht wurde – Balsam für seine Seele.

Bei den nächsten Praxisterminen konnten wir weitere Fortschritte sehen. Maxis Gangbild normalisierte sich weiter und die Belastung beider Hinterextremitäten nahm weiterhin zu. 

Am 23. Juli wurde Maxi in der Tierklinik nachgeröntgt. Es sollte der Fortschritt der Knochenheilung begutachtet werden. Das Ergebnis war zufriedenstellend, der Fixateur Externe sollte jedoch noch verbleiben. Die Knochenheilung ist ein langwieriger Prozess.  

Exkurs Knochenaufbau und Knochenheilung

Die Knochen der Vorder- und Hintergliedmaßen sind lange Röhrenknochen (Ossa longa), sie teilen sich ein in ein Mittelstück (Diaphyse) und zwei beidseitige Endstücke (Epiphyse proximalis und Epiphyse distalis). Im Wachstum sind Diaphyse und Epiphyse durch Wachstumsfugen (den Epiphysenfugen) voneinander getrennt. Nach Abschluss des Wachstums schließen sie sich und verknöchern. 

Ein Knochen besteht aus einer festen, gering elastischen, kalziumhaltigen Substanz. Überzogen wird der gesamte Knochen von der Knochenhaut (Periost), in der Blutgefäße verlaufen und die aus zwei Zellschichten besteht - einer inneren und einer äußeren -, bis hin zu den Gelenkflächen, die mit Knorpel überzogen sind. Nervenfasern in der Knochenhaut machen sie sehr schmerzempfindlich.

Bei einem Knochenbruch sind knochenbildende Zellen (Osteoblasten) maßgeblich an Umbau und Regeneration des Knochens beteiligt. Es bildet sich neues Knochengewebe (Kallus), das sich wie eine Manschette um die Bruchstelle legt, sodass die Bruchenden im Heilungsverlauf wieder fest miteinander verwachsen können.

Insbesondere während des Wachstums kann es bei Brüchen zu Heilungs- und Wachstumsstörungen des Knochens und damit zu späteren Problemen kommen. Eine gute medizinische Versorgung und Rehabiliationsmaßnahmen sind förderlich für eine komplikationslose Heilung.

Nach einem Bruch wird bei jungen Katzen mit einer normalen Belastung nach ein bis drei Monaten gerechnet, bei ausgewachsenen Katzen kann es bis zu fünf Monate dauern.

Interessant ist, dass der Heilungsprozess von Frakturen bei Katzen kürzer sein kann als bei Hunden, was vermutlich (auch) in ihrer Fähigkeit zu schnurren liegt. Die Vibrationen beim Schnurren regen die Bildung von Osteoblasten an, die wie beschrieben beim Knochenumbau für die Bildung von Knochengewebe zuständig sind. 

Therapieziele erreicht 

Also machten wir mit den wöchentlichen physiotherapeutische Behandlungen in meiner Praxis weiter, ebenso förderte die Tierhalterin Maxi zuhause weiter.

Am 22. August sollte Maxi erneut in der Tierklinik zum röntgen vorgestellt und - wenn alles gut aussähe - der Fixateur Externe entfernt werden. Es sah gut aus! Nach drei langen Monaten konnte endlich der Fixateur entfernt werden. Knapp zwei Wochen später wurden die Fäden gezogen. Die behandelnde Tierärztin riet dazu, Maxi nochmals physiotherapeutisch vorzustellen.

Bei der abschließenden Behandlung Mitte September zeigte Maxi ein völlig normales Gangbild und Bewegungsausmaß.

Maxi wieder ohne Fixateur Externe

Endlich wieder Freigang... :-)

Zuhause stand der erste Freigang bevor. Nach den langen Monaten, die Maxi im Haus verbringen musste, und dem kontrollierten begrenzten Auslauf im ehemaligen Kaninchengehege sollte Maxi behutsam an seine wiedergewonnene Freiheit herangeführt werden. Mit Hilfe eines Katzengeschirrs und Leine konnte er erste Runden im Garten drehen. Dann musste er zunächst noch die inzwischen eingebaute Katzenklappe kennenlernen. Als er soweit war, wagten die Tierhalter es und liessen Maxi seiner Wege gehen.

Anfang November erfuhr ich von den Tierhaltern, dass Maxi die Funktion der Katzenklappe fleissig nutzt und zuverlässig von seinen Freigängen heim kommt – er ist wieder vollkommen gesund und glücklich.

Danksagung

Maxi hat ein schweres Trauma mit komplizierten Brüchen am Ober- und Unterschenkel und einem vollständig ausgerenkten Hüftgelenk erlitten. Doch seine Halter und nach eingehenden Diskussionen auch die behandelnden Tierärzte, allen voran aber Maxi, gaben nicht auf. Für einen Freigänger-Kater waren es schwierige Monate, die er auf begrenztem kontrollierten Raum verbringen musste. Hinzu kamen zahlreiche tierärztliche Kontrolltermine und röntgenologische Nachuntersuchungen in der Tierklinik, dazu viele tierphysiotherapeutische Behandlungseinheiten.

Ich habe den größten Respekt vor der lieben Tierhalterin und ihrer Familie, was sie für ihren kleinen jungen Kater auf sich genommen haben, damit er wieder gesund wird.

Am meisten beeindruckt hat mich jedoch der bezaubernde Maxi – ich habe selten einen Kater mit so großer Gelassenheit und innerer Ruhe als Katzenpatienten behandeln dürfen. Jegliche meiner Maßnahmen hat er nahezu ohne Abwehr akzeptiert. Er war einfach immer nur unbeschreiblich lieb und geduldig.  

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